Gastbeitrag
aus der Gemeinschaft
Gastbeitrag aus der Gemeinschaft
AktionNaturReich

Vogelhäuschen bauen und das Brutgeschäft mit Live-cam mitverfolgen

Selbst gebaute Vogelhäuschen ermöglichen das faszinierende Beobachten des Brutgeschäfts mit Hilfe von Live-Kameras. Egal ob für den Garten oder den Balkon – wir haben es ausprobiert und zeigen hier, worauf man achten sollte.
Nistkasten Baukurs

Nisthilfen kann man selber bauen, selber zusammensetzen oder selber kaufen. Die Schweizerische Vogelwarte Sempach stellt Bauanleitungen, Bausätze und fertige Nisthilfen zur Verfügung. Oder man besucht den alle paar Jahre stattfindenden Vogelnistkasten-Baukurs, der von AktionNaturReich und Freizeit.FGZ für je ein Elternteil mit einem Kind organisiert wird. Folgende Bilder stammen aus dem Kurs vom Januar 2023.

Unter Aufsicht dürfen auch die Kleinen schon mit dem elektrischen Schraubenzieher ans Werk. Alva aus dem Kleinalbis. Foto: Matthias Riesen

Nisthilfen allein genügen nicht – einheimische Sträucher sind ebenso wichtig

Zu Beginn des Kurses erklärt Andrea Bogo von AktionNaturReich, dass es mit Nisthöhlen allein nicht getan ist: «Ein naturnaher Garten ist ebenso wichtig wie ein Vogelhäuschen, damit im Winter das Buffet für die hier überwinternden Vögel reich gedeckt ist.» Wichtig ist vor allem das Pflanzen von einheimischen Sträuchern, da sie Nahrung und Versteckmöglichkeiten bieten. Um das Nahrungsangebot zu erweitern, ist es zu-dem von grosser Bedeutung, den Garten im Herbst nicht «abzuräumen». So können Sonnenblumen, Karden, Wegwarten und andere Pflanzen mit Sämereien stehen gelassen werden, oder falls sie umkippen, zu einem hübschen Strauss an Balkongeländer oder Himbeergerüst zusammengebunden werden.

Emil Trachsler (hinten ) zeigt jeden Arbeitsschritt und hilft bei Bedarf. Foto: Angela Zimmermann

Schrauben, Bohren, Sägen und Schleifen

In der Holzwerkstatt strahlen an diesem Nachmittag die Augen der Kinder. Emil Trachsler hat im Vorfeld alle Teile zugeschnitten, sodass das Zusammenbauen an einem Vor- oder Nachmittag möglich ist. Zunächst wird geschraubt, gebohrt und gesägt, um die einzelnen Teile zusammenzufügen. Schließlich wird aussen herum noch geschliffen, damit es schön aussieht und sich die Vögel auch sicher nicht ritzen.

Emil Trachsler zeigt mit viel Geduld, auf was zu achten ist beim Sägen und Meisseln. Foto: Angela Zimmermann

Welche Vögel profitieren von Nisthilfen?

Am Friesenberg können der Haussperling (auch bekannt als Spatz) und die Meise als Höhlenbrüter sowie der Hausrotschwanz als Halbhöhlenbrüter mit geeigneten Nisthilfen unterstützt werden. Obwohl diese Arten nicht gefährdet sind, kann die Beobachtung ihres Brutgeschäfts eine spektakuläre Naturerfahrung direkt vor der eigenen Haustür sein. Angesichts des Rückgangs von Insekten und Lebensraum ist das Aufhängen von Nistkästen sicherlich nicht falsch, um den Vögeln das Leben etwas zu erleichtern. Die Größe des Einfluglochs und die Art der Platzierung können unterschiedliche Arten von Vögeln anlocken. Auf der Webseite der Vogelwarte Sempach finden sich detaillierte Informationen dazu.

Am grossen Gerät wird das Einflugloch für Kohlmeisen mit Durchmesser 32 mm gebohrt. Foto: Angela Zimmermann

Wann und wie sollen Nisthilfen aufgehängt werden?

Nistkästen können jederzeit aufgehängt werden, am besten jedoch im Herbst, damit die Vögel ihr neues Heim schon beschnuppern können und darin Schutz finden, oder im Vorfrühling, bevor sie zu brüten beginnen. Die Nisthilfen sollten mit dem Einflugloch in Richtung der wetterabgewandten Seite, also in östlicher bis südöstlicher Richtung, in einer Höhe von zwei bis drei Metern aufgehängt werden. Ideal ist eine morgendliche Sonneneinstrahlung, die den Kasten nach der kalten Nacht etwas erwärmt. Tagsüber sollte der Kasten im Schatten oder Halbschatten stehen, um eine längere Zeit der prallen Sonnenaussetzung zu vermeiden. Der Standort sollte möglichst katzensicher sein.

Vier der im Kurs gebauten Kästen an katzensicheren Orten (2x Kleinalbis, 2x Grünmatt) aufgehängt mit Anflugobjekten in der Nähe. Fotos: Matthias Riesen, Irmi Schneider-Wintsch, Angela Zimmermann

Wie können ausfliegende Jungvögel vor Katzen geschützt werden?

Einige Vogelarten verlassen ihr Nest bereits, bevor sie richtig fliegen können. Diese sogenannten Ästlinge landen in der Natur auf einem Ast oder Strauch, wo sie von den Eltern noch einige Stunden oder Tage gefüttert werden. Im eigenen Garten haben sie eine höhere Überlebenschance, wenn sie vom Nistkasten aus auf einen (idealerweise dornigen) Busch, Asthaufen oder eine Hecke ausfliegen können. Falls die ungeübten Flieger direkt am Boden landen, können Verstecke wie Reisighaufen, Hecken und andere Strukturen lebensrettend sein. Ohne Verstecke sind Jungvögel ein einfaches Essen für Katzen und andere Fressfeind.

Falls man ausgeflogene Jungvögel oder stark warnende adulte Vögel beobachtet, sollte die eigene Katze für ein paar Tage im Haus behalten werden. Oder man bittet die Nachbarn mit Katzen, ihre Lieblinge ebenfalls – vor allem morgens und abends – nicht nach Draussen zu lassen, bis die Jungvögel flügge sind. Wenn tatsächlich Katzen in der Nähe sind, kann man auch mal zur Wasserpistole oder zum Gartenschlauch greifen. Katzenbesitzende ihrerseits können der Katze dauerhaft oder zumindest während der Ausflugszeit ein elastisches Halsband mit einem Glöckchen anlegen.

Weiterführende Informationen bietet ein Merkblatt der Vogelwarte.

Wann reinigt man die Kästen?

Zwischen September und Ende Jahr, spätestens im Januar, sollten die Kästen gesäubert werden. Meistens reicht das Entfernen von Nestern und Kot und ein trockenes Ausbürsten. Vergisst man das Säubern einmal, bauen die Vögel einfach ein weiteres Nest darüber (siehe Vogelhaus rechts auf Foto). Eine Säuberung macht vor allem deshalb Sinn, um Parasiten zu entfernen, die evtl. den bereits geschwächten Jungvögeln neben allen anderen Herausforderungen wie Insektenschwund das Leben schwer machen können.

Nester und Federn in einem Holzbeton- und einen Holz-Vogelhäuschen in der Grünmatt. Foto Angela Zimmermann

Experiment: Naturbeobachtung per Live-Kamera

In zwei der im Kurs gebauten Nisthilfen haben wir Kameras eingebaut und möchten an dieser Stelle über die Beobachtungen berichten. Um Platz für die Kamera zu schaffen, empfiehlt es sich, das Häuschen etwas hö-her zu bauen. Wir haben für die im Kurs verwendeten Standardmasse die Reolink Argus 2 Kamera verwendet (Reolink 3 hätte eine bessere Auflösung, wäre aber zu gross gewesen für den im Kurs gebauten Kasten). Diese verfügt über WLAN und kann mit einem Solarpanel installiert werden, was besonders praktisch für Gärten ohne Steckdose ist. Es gibt auch vorgefertigte Nistkästen mit Kameras im Handel erhältlich.

Vogelhäuschen mit Kamera und Solarpanel Foto: Angela Zimmermann

Die Filmchen, die die Kamera direkt auf das Smartphone liefert, zeigen, dass vor allem ein Blaumeisenpaar das potentiell neue Heim sehr interessant findet. Bis zu vierzig Mal pro Tag besuchen sie das Häuschen, hüpfen herein und inspizieren es ausgiebig, auch die Kamera.

Foto der Live-Kamera des Blaumeischens auf Wohnungsbesichtigung am 11. Februar. Foto: Angela Zimmermann

Eines geht jeweils rein, das andere hält draussen Wache. Um das Häuschen ist nämlich seit dem Aufhängen ein Revierkampf entbrannt zwischen diesem Blaumeisenpaar und einem Kohlmeisenpaar. Kohlmeisen sind grösser, Blaumeisen aber etwas aggressiver. Wir sind gespannt, wer das Rennen machen wird. Falls in den beiden Nistkästen tatsächlich gebrütet wird, werden wir hier darüber berichten.

Wir freuen uns auf Ihre Anregungen oder Ideen für weitere Artikel oder auch Vorschläge für Kurse! Schreiben Sie uns auf aktionnaturreich@fgzzh.ch

AktionNaturReich

Die ständige Mitwirkungsgruppe ANR informiert und sensibilisiert im Bereich Natur. Im Fokus steht dabei die Bedeutung der biologischen Vielfalt, der sorgsame Umgang mit Pflanzen und Tieren sowie die naturnahe Gestaltung und Pflege der Hausgärten, Sitzplätze, Balkone, Hochbeete oder Pflanzflächen.

 

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