Gastbeitrag
aus der Gemeinschaft
Gastbeitrag aus der Gemeinschaft
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Werden wir Trittstein-Pioniere! Jede Massnahme zählt!

Wie können wir im Quartier Friesenberg kleine Oasen – sogenannte Trittsteine – für unsere Wildtiere schaffen und diese Lebensräume besser vernetzen? Dieser Frage gingen wir im Kurs «Strukturreiche Gärten – Trittsteine für Tiere» von AktionNaturReich nach. Entdecken Sie mit uns, wie wir unsere Gärten und Balkone mit kleinen und grösseren Aufwertungen tierfreundlicher gestalten, diese vernetzen und damit das gesamte Quartier für Wildtiere aufwerten können.

Auf einem Rundgang mit Genossenschafterin Silvia Müller nahmen wir die Perspektive von 5 ausgewählten Tierarten ein: Ringelnatter, Wildbiene, Zwergfledermaus, Igel und Bergmolch. Danach trugen wir mit der Gärtnerin Priska Zahnd im Kursraum potentielle Aufwertungsmöglichkeiten und Vernetzungskorridore auf einem grossen Plan des Quartiers ein. Die Vision von AktionNaturReich ist, dass die Karte über die Jahre möglichst bunt wird, sprich in der Realität von uns allen möglichst viele Massnahmen umgesetzt werden.

Totholz mit Efeu und Rosenkäfer
Stehendes Totholz – hier bereits mit von wertvollem Efeu erklommen – ist ein Paradies für diverse Tier-, Pilz- und Pflanzenarten

Ein Grundsatz vorweg: Kein Gift im Garten und möglichst naturnah!

Bevor wir zu den einzelnen Tierarten kommen, ein wichtiger Hinweis: Verzichten Sie unbedingt auf Gift im Garten, dies ist verboten und dies mit gutem Grund! Fressen Insekten vergiftete Pflanzenteile und werden dann selbst zur Beute von Igel, Amsel oder Ringelnatter, gelangt das Gift auch in diese Tiere und schadet ihnen massiv. Und je naturnaher ein Garten ist, je wohler fühlen sich die Tiere und umso entspannender und spannender ist es für uns Menschen.

5 Wildtiere und wie wir sie fördern und vernetzen können:

1. Die Ringelnatter – Sonnenanbeterin braucht Jagdrevier

Ringelnattern lieben sonnige Plätze und Wasser. Sie sind absolut ungefährlich für den Menschen.

  • Nahrung: Vor allem Amphibien und Fische. Ein naturnaher Teich mit Flachwasserzonen dient als Jagdrevier. Wichtig: Ausstiegshilfen für andere Tiere nicht vergessen!
  • Verstecke & Überwinterung: Komposthaufen, vermodernde Baumstümpfe, Ast- und Laubhaufen, Steinhaufen sowie dichte Gebüsche und Hecken bieten Schutz. Frostfreie Erdhöhlen oder Plätze unter grossen Baumwurzeln dienen als Winterquartier.
  • Vernetzung: Durchgänge unter Strassen oder durch Mauern sind essenziell.
Asthaufen
Strukturen wie Asthaufen sind für Ringelnattern und viele andere Tiere gute Versteckmöglichkeiten

2. Die Wildbiene – Fleissige Bestäuberin braucht Blüten und Nistplätze

Über 600 Wildbienenarten gibt es in der Schweiz, ein Grossteil davon nistet im Boden.

  • Nahrung: Ein reiches Angebot an heimischen Blütenpflanzen von Frühling bis Herbst sichert die Pollenversorgung für den Nachwuchs – auch gut auf Balkonen möglich!
  • Nisten: Offene Bodenstellen (z.B. Sandlinsen), markhaltige Stängel (am Balkongeländer befestigt), stehendes oder liegendes Totholz und Nisthilfen mit verschieden grossen Röhrchen bieten Brutplätze. Sandlinsen im eigenen Garten anlegen ist ein kleines Sonntagsprojekt für die Familie, mit Erfolg ausprobiert in Gärten der Siedlungen Grünmatt und Bernhard-Jäggi (Anleitung)
  • Wasser: Kleine Wasserstellen – auch auf Balkonen – schaffen und mit Steinen oder Sand versehen als Ausstiegshilfe. Mindestens wöchentlich das Wasser wechseln als Tigermücken-Prävention.
Sandlinse mit Stacheln gegen Katzen in einem Garten der Grünmatt

3. Die Zwergfledermaus – Jägerin der Nacht ist auf viele Insekten angewiesen

Diese winzige Fledermausart (sie passt in eine halbe Walnussschale!) jagt Insekten und fühlt sich in Spalten an Häusern wohl, weil ihre «optimale Betriebstemperatur bei 35°C liegt», so Silvia Müller.

  • Nahrung: Ein reichhaltiges Insektenangebot ist lebenswichtig. Nachtblühende Pflanzen wie Mondviole, Nachtviole oder Geissblätter locken Nachtfalter an.
  • Verstecke: Fledermauskästen an Hausfassaden oder Bäumen, aber auch stehendes Totholz mit loser Rinde bieten Unterschlupf. Weitere Tipps zur Förderung von Fledermäusen im eigenen Garten in einem älteren Beitrag
Solche Fledermauskästen hat die FGZ an mehreren Kleinalbis-Fassaden montiert als Ersatz für die Verstecke in den abgerissenen Grossalbis-Häusern

4. Der Igel – Ein «Fussgänger mit kurzen Beinen» braucht Durchgänge

Der Igel ist  bei uns in Zürich auf gut vernetzte Lebensräume angewiesen. Schaffen wir ihm Durchgänge.

  • Durchgänge: «Der Igel ein Fussgänger mit kurzen Beinen», sagt Silvia Müller. Für ihn sind durchlässige Gärten überlebens wichtig. Jedes unüberwindbare Hindernis zwingt ihn zu Umwegen und kostet ihn Energie. Achten Sie deshalb darauf, dass Zäune nicht bis zum Boden reichen (in der FGZ bereits grösstenteils umgesetzt) und kleine Durchgänge (ca. 15×15 cm) offenbleiben. Ziegelsteine oder Bretter können bei Treppenstufen, was gerade im stark terrassierten Friesenbergquartier oft ein Hindernis ist, als Rampe dienen, besonders für Jungigel. Weitere Tipps zur Schaffung von Durchgängen findet man beim Verein Stadtwildtiere 
  • Nahrung: Vor allem Insekten und Regenwürmer stehen auf seinem Speiseplan (Schnecken eher selten!). Bei Trockenheit kleine Wasserstellen am Boden aufstellen, siehe unter Wildbienen
  • Verstecke: Ein «nicht zu gepützelter» Garten mit wilden Ecken, Laub- und Asthaufen bietet Nahrung und Unterschlupf.
  • Überwintern: Ein Asthaufen mit Hohlraum (Anleitung Igelzentrum)
Tritthilfe für Igel, Bild: Igelverein Zürich??

5. Der Bergmolch – Wasser- und Landtier

Während der Laichzeit im Frühjahr und Sommer sind erwachsene Bergmolche häufig in Teichen zu finden, wo sie ihre Eier ablegen. Ansonsten leben sie in feuchten Bereichen an Land.

  • Nahrung & Lebensraum: Gartenteiche mit Flachwasserzonen und ohne Fischbesatz sind ideal. Eine Ausstiegshilfe ist wichtig.
  • Fallen aufheben: Licht- und Kellerschächte sollten mit engmaschigen Gittern abgedeckt oder mit einer «Froschleiter» versehen werden. Und – was tun, wenn man im Frühling Amphibien auf der Strasse sieht?
  • Stechmücken im Teich? Silvia Müller beruhigt: «In einem naturnahen Gartenteich snacken Molche und Libellenlarven die Mücken und Mückenlarven weg. Das Problem sind ungedeckte Wasserfässer oder wassergefüllte Topfuntersetzer (Tigermücken).» Die Stadt Zürich empfiehlt zur Tigermückenprävention: eine Regentonne mit Gardinenstoff und Gummiband dicht zu verschliessen oder wöchentlich mit dem biologischen Wirkstoff Bti zu behandeln.
Silvia Müller weist darauf hin, dass bei diesem Teich im Kleinalbis eine Ausstiegshilfe angebracht werden sollte.

Grössere Strukturen: geschaffen von der FGZ oder der Stadt Zürich

Auf unserem Rundgang sahen wir auch Beispiele von grösseren Massnahmen, die zwar nicht in der direkten Hand von uns Privatpersonen liegen, deren Kenntnis aber wichtig ist, um das Gesamtbild der Vernetzung im Quartier zu verstehen

Bachöffnung und Strassenunterquerung: Die vor Jahren geschaffene Offenlegung des Kolbenhofbachs bei der Murmeliwiese über 300 Meter und die Strassenunterführung der für Wildtiere fast unüberwindbaren Schweighofstrasse verbindet den Uetliberg wieder mit dem Naturschutzgebiet Binz – eine wichtige ökologische Vernetzung für Amphibien wie Ringelnattern oder die gefährdete Gelbbauchunke, aber auch für die Ausbreitung von Pflanzensamen.

Offenlegung und Renaturierung des Baches sowie die Unterquerung kosteten je gegen eine halbe Million Franken

Stehendes Totholz: Kranke Bäume werden von der Stadt und auch von der FGZ seit einigen Jahren nach Möglichkeit nicht mehr samt Wurzelstock entfernt sondern als Totholzstämme wann immer möglich stehen gelassen.Totholz bietet wertvollen Lebensraum, Nahrung und Nistmöglichkeiten für eine Vielzahl von Tier-, Pilz-, und Pflanzenarten, darunter Insekten, Vögel, Säugetiere und spezielle Totholzbewohner.

Auf der Murmeliwiese stehengelassene Baumstämme

Randsteinlücken: Eine kleine Unterbrechung im Randstein, wie am Lehmgrubenweg, ist für uns Menschen etwas Kleines, für einen Molch oder Feuersalamander aber eine lebensrettende Passage.

Wildbienenparadies: Offene Bodenstellen mit blühenden Pflanzen, Kiesflächen bei Gartensitzplätzen oder einfach eine nicht zu dichte Bepflanzung sind wertvoll für bodennistende Wildbienen, Glühwürmchen und andere wärmeliebende Arten.

Von FGZ-Gärtner Cyrill Zöbeli geschaffenes Wildbienenparadies in der Siedlung Arbental II.

Vom Feld ins Konzept: Auswertung und nächste Schritte

Zurück im Kursraum widmeten wir uns der gemeinsamen Auswertung. Zusammen mit Priska Zahnd trugen wir unsere vielfältigen Beobachtungen auf dem Plan des Friesenbergs ein. So wurden potenzielle Vernetzungskorridore, aber auch mögliche Hindernisse und wichtige Lebensraum-Nischen sichtbar.

Hier noch zu Beginn, ohne die eingezeichneten Tierarten.

Der gemeinsam erarbeitete Überblick auf der Kartn dient nun als wertvolle Grundlage und Inspiration: In einem nächsten Schritt sind alle Kursteilnehmenden und alle, die diesen Text lesen, eingeladen, im eigenen Garten, auf dem Balkon oder im Schrebergarten eine kleine Aufwertung oder einen Durchgang für unsere Wildtiere umzusetzen und so selbst zum Trittstein-Pionier zu werden.

«Das Ross von vorne oder von hinten aufzäumen»

Ein nützlicher Leitgedanke gab uns Priska Zahnd mit auf den Weg: Man kann «das Ross von vorne oder von hinten aufzäumen». Das heisst, man kann entweder von einer bestimmten Tierart ausgehen und überlegen, welche Strukturen sie benötigt. Oder man betrachtet eine vorhandene Struktur (z.B. einen Wasserlauf, einen alten Baum, eine Hecke) und überlegt, welche Tiere davon profitieren könnten und wie man diese Struktur optimieren kann.

Machen Sie mit! Jeder noch so kleine Trittstein zählt!

Welche Tiere haben Sie in Ihrem Garten oder auf Ihrem Balkon schon entdeckt? Oder welche möchten Sie vielleicht gerne anziehen? Werten Sie ihren Garten systematisch für diese Tierarten auf und schaffen Sie Durchgänge! Und teilen Sie uns Ihre Beobachtungen gerne per E-Mail mit aktionnaturreich@fgzzh.ch oder tragen Sie die Beobachtung direkt auf der Plattform Stadtwildtiere Zürich ein. Jeder Eintrag hilft, die Tiere in unserer Stadt sichtbar zu machen und so ihre Lebensräume entsprechend zu fördern und zu vernetzen!

Aktuell bis 30. August 2025 Mitmachprojekt «Freie Bahn für Igel & Co.»: Der Verein Stadtwildtiere sucht Freiwillige in der ganzen Stadt Zürich, die mithelfen, Durchgänge für Igel in ihrem Quartier zu schaffen. Jetzt teilnehmen!

Die ständige Mitwirkungsgruppe ANR informiert und sensibilisiert im Bereich Natur. Im Fokus steht dabei die Bedeutung der biologischen Vielfalt, der sorgsame Umgang mit Pflanzen und Tieren sowie die naturnahe Gestaltung und Pflege der Hausgärten, Sitzplätze, Balkone, Hochbeete oder Pflanzflächen.

 

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