Du hast deinen Rücktritt bekannt gegeben. Viele waren überrascht. War die letzte GV der Auslöser?
Karin (lacht): Nein, ganz und gar nicht! So eine Entscheidung fällt man nicht in so kurzer Zeit. Es gab dafür keinen äusseren Auslöser, ich habe mir das schon länger sorgfältig überlegt. Ich habe mich 2017 für das Präsidium zur Verfügung gestellt, um in einer Umbruchphase Kontinuität zu gewährleisten und zentrale Ziele für die FGZ zu erreichen. 2022 waren wir noch mitten in wichtigen Entwicklungsschritten, dann kam das Jubiläum. 2025 ist für mich der richtige Moment: Ein Jahr vor der Gesamterneuerungswahl des Vorstands soll geklärt sein, wer neu Präsident oder Präsidentin der FGZ wird.
Welche Ziele hattest du?
Zum einen ging es um entscheidende strategische Projekte. Zum Beispiel stand die Schaffung neuer planungsrechtlicher Grundlagen durch die Stadt Zürich für unsere weitere bauliche Entwicklung an – ein Prozess, in den die FGZ seit 2013 eingebunden war. Zum andern ging es darum, die FGZ fit für die Zukunft zu machen. Es galt, Schlüsselpositionen zu besetzen. Zugleich stand ein sehr wichtiger Entwicklungsschritt in der Organisation an mit Ziel, dem Vorstand wieder einen strategischen Fokus zu geben, die Geschäftsstelle in der Umsetzung zu stärken und die Mitwirkung der Mitglieder konsequent auszubauen.
Hast du diese Ziele erreicht?
Für ein Fazit ist es noch zu früh – ich werde mich bis zur GV 2025 mit Herzblut weiter für die FGZ einsetzen. Aber wenn ich die Ziele von damals anschaue, ist zwar alles etwas länger gegangen, aber inhaltlich haben wir erreicht, was ich 2017 vor der Wahl an den Mieter/innen-Versammlungen in Aussicht stellte. Die FGZ ist heute gut aufgestellt für die Zukunft: Wir sind bereit, mehr gemeinnützige Wohnungen für mehr Menschen zu schaffen. Was mir aber Sorgen macht, sind der Umgang und die Diskussionen rund um das Thema Mitwirkung. Wir haben zwar die Mitwirkungsmöglichkeiten stark ausgebaut, dies wird aber nicht breit wahrgenommen. Daher gelingt es, mit diesem Thema immer wieder Stimmung zu machen.
Kannst du das ausführen?
Wir haben eine Minderheit, die Vorstellungen zur Mitwirkung hat, die die Mehrheit nicht teilt. Wir holen aktuell die Bedürfnisse der Mitglieder zu konkreten Lebensthemen ab: zum Zusammenleben, Wohnen, Bauen und zum Aussenraum. Es funktioniert aber nicht, alle fachtechnischen Fragen basisdemokratisch mit 3500 Mitgliedern zu regeln. Da entsteht eine Scheinpartizipation: Eine Minderheit beteiligt sich, die dann ihre Interessen verfolgt. Diese Gruppe will die Aufgaben des dafür gewählten Vorstands und der Fachleute in der Verwaltung an die GV delegieren oder letztlich selbst übernehmen. Das möchte die Mehrheit nicht. Trotzdem wird dieser Kampf immer weitergeführt. Das hat mit unserer demokratischen Grundstruktur oder dem Genossenschaftssinn nichts mehr zu tun.
Kannst du uns ein Beispiel geben?
Die letzte GV. Dort gab es eine mehr als einstündige Diskussion über einen Antrag dieser Gruppe. Dieser wollte, dass das Organisationsreglement von der GV bestimmt wird. Erklärt haben sie es so: Viele Mitglieder dürften in der FGZ nicht mehr mitwirken, viele gute Kommissionsmitglieder hätten wegen des neuen Organisationsreglements aufgehört und darum laufe ganz vieles bei der FGZ schief. Das stimmt so nicht. Es überzeugte die Mehrheit nicht, und viele Mitglieder verstehen den ganzen Lärm darüber auch nicht. Die Kampagne der Antragstellenden erzeugte deshalb auch Unmut in der Basis.
Was stimmt denn?
Die Verlagerung der Kompetenzen weg von den Vorstandskommissionen und damit die Stärkung der Verwaltung war ein beabsichtigter und wichtiger Schritt für die FGZ, der auch von den damaligen Kommissionsmitgliedern so mitgetragen wurde. Wenn nun in 2 Kommissionen einige Mitglieder Mitglieder aufhören, kann das viele Gründe haben. Es heisst aber nicht, dass etwas in der FGZ falsch läuft oder gar die Mitwirkung abnimmt. Im Gegenteil: Es läuft heute in der FGZ ganz vieles viel besser. Viele Risiken konnten wir reduzieren, und wir packen endlich den baulichen Sanierungsstau an. Die Zahl der Mitglieder, die sich an Veranstaltungen und über Umfragen einbringen, wächst von Jahr zu Jahr. Die Gruppe der Antragstellenden besteht aus engagierten Mitgliedern mit viel Zeit. Die Diskussionen rund um ihre Anträge zur Organisation nehmen viel Raum ein und ermüden viele der übrigen Beteiligten. Das kann der FGZ langfristig schaden. Es bringt sie nicht weiter.
Wie meinst du das?
In einer Wohnbaugenossenschaft wie der FGZ gibt es viele herausfordernde Fragestellungen. Mit über 50 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 36 Mio. Franken ist die FGZ eine recht grosse Organisation. Der Vorstand und die Verwaltung können nicht alles gut, aber sie können vieles gut. Im heutigen stark regulierten, hochkomplexen Umfeld von Bau, Unterhalt und Vermietung braucht die FGZ qualifizierte Mitarbeitende und externe Dienstleister, um Projekte gut und in nützlicher Frist umzusetzen. Auch wenn das Stimmen aus dieser Gruppe einfordern: Es wäre nicht korrekt, Aufträge an Mitglieder zu vergeben, einfach weil sie Mitglieder sind. Es ist auch schlicht undenkbar, alle Fragestellungen mit allen zu diskutieren. Wie gesagt, will das unsere Mehrheit auch nicht.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir – und mit mir wünschen sich das viele andere auch, dass es in der FGZ wieder um Inhalte geht und nicht nur um organisationstheoretische Fragen. Wir müssen zurückfinden zu einem sachlichen Diskurs. Kampagnen, die mit Fehlinformationen die Stimmung emotional aufheizen, schaden unserer demokratischen Debattenkultur. Und ich wünsche mir, dass die FGZ neue qualifizierte Vorstandsmitglieder wählt, die verstehen, was Genossenschaftsdemokratie bedeutet, und die für die Gesamtgenossenschaft arbeiten. Wir sollten uns gemeinsam für Zusammenhalt einsetzen, nicht für Spaltung. Es soll an den Generalversammlungen wieder um das Miteinander gehen, um Bauprojekte und möglichst günstige Mieten.