Simon Kägi wird es als Sozialarbeiter einer grossen, durchmischten Wohnbaugenossenschaft nie langweilig: «Rund ein Drittel meiner Fälle sind Nachbarschaftskonflikte. Da geht es oft um Lärm, Unordnung oder störende Gerüche.» Etwa genauso häufig kümmert sich Kägi um FGZ-Bewohnerinnen und -Bewohner mit finanziellen Problemen. Seine Arbeitstage beginnen meist in seinem Büro am Friesenbergplatz. Dort liegen auch alle anderen Verwaltungsbüros der FGZ. Die Sozialberatung befindet sich aber nicht im gleichen Gebäude. Das ist Absicht: «Wer zu mir kommt, kann das diskret tun», sagt Kägi. «So zeigen wir den Menschen, dass sie sich in einem diskreten Rahmen Hilfe holen können.»
Hilfe geholt hat sich zum Beispiel Herr F. Heute Morgen hatte er einen Termin bei Simon Kägi. Administrative Dinge bereiten ihm Mühe. Alle 2 Jahre muss Herr F. beim Amt für Zusatzleistungen Unterlagen einreichen. Das Stadtzürcher Amt überprüft, ob er noch Anspruch auf Unterstützung hat. Simon Kägi hilft ihm beim Ausfüllen der Formulare und Zusammenstellen der nötigen Dokumente. «Solche Aufgaben können überfordern. Sei es wegen sprachlicher Hürden oder altersbedingt», erklärt Kägi. Betroffene können sich von Simon Kägi helfen lassen – einige tun dies über Jahre. Gemeinsam mit dem Sozialarbeiter halten sie Ordnung in ihren Papieren, öffnen die Post, machen Zahlungen oder Anträge.
Danach kommen Frau und Herr W. zur Sozialberatung. Sie wollen sich scheiden lassen. Beide möchten weiter in der FGZ wohnen und haben 2 Kinder. Sie möchten wissen, wie sie den bevorstehenden Wohnungswechsel bei der FGZ beantragen müssen. «Solche praktischen Fragen werden oft gestellt, wenn eine Trennung oder Scheidungen ansteht», erzählt Kägi. «Es geht aber auch um grundsätzlichere Themen. Zum Beispiel, wenn Menschen in ihrer Beziehung nicht mehr zufrieden sind und sich darüber informieren möchten, was eine Trennung oder Scheidung bedeuten würde.»
Vor der Mittagspause bereitet sich Kägi für eine Waschküchensitzung am Abend vor. Konflikte rund um die Waschküche sind ein Klassiker, wenn es um Streit in der Nachbarschaft geht. Themen sind Waschpläne, Nutzungszeiten, blockierte Wäscheleinen oder unterschiedliche Auffassungen von Hygiene. Zu diesen Waschküchensitzungen ist jeweils das ganze Haus eingeladen. «Oft führen Unwissen oder Missverständnisse zu den Konflikten. Darum lohnt es sich, einem Problem gleich am Ort des Geschehens auf den Grund zu gehen», sagt Kägi. Vor Ort könne er zeigen, wie das Tumblersieb geputzt werden müsse, oder sicherstellen, dass alle die Nutzungszeiten der Waschküche kennen.
Kägis Termin am Nachmittag findet ausser Haus statt. Sein Klient, Herr K., hat bereits 2 Monate keine Miete bezahlt. Er steckt in finanziellen Schwierigkeiten und hat Schulden. Nach Gesprächen mit Simon Kägi ist Herr K. bereit, Hilfe anzunehmen. Die Stiftung Hilfsfonds FGZ wird einen Teil der Schulden decken, jedoch mit dem Hinweis, dass Herr K. sich langfristig beraten lässt. Heute begleitet ihn Kägi zur Schuldenberatung. «Solche kleinen Gesten sind wichtig», erzählt er, «sie nehmen den Menschen die Hemmungen, sich die nötige Hilfe zu holen.»
Ob praktische oder persönliche Fragen – Simon Kägi hat immer ein offenes Ohr. Nach ersten Gesprächen kann es jedoch sein, dass er seine Klienten/-innen an geeignete Stellen weiterleitet: «Ich bin weder Paartherapeut noch Schulden- oder Erziehungsberater. Aber ich kann dafür sorgen, dass Betroffene mit ihrem jeweiligen Problem die richtige Unterstützung erhalten.»
Auf dem Weg zurück ins Büro macht Kägi noch einen Abstecher durch Etappe 14. Der Grund für den Umweg steht im Garten einer Liegenschaft: ein grosses Trampolin. «Mein Lieblingsthema», schmunzelt Kägi. «Immer wieder gibt es Streit wegen des Lärms.» Wie immer macht sich Kägi vor Ort ein Bild über die Situation, spricht mit Anwohnenden, will wissen, was bereits unternommen wurde. «Bei Konflikten, die noch nicht eskaliert sind, helfe ich den Beteiligten, Lösungen zu finden. Eine solche lässt sich meistens finden. Es gibt jedoch Konflikte, da hilft nichts mehr. Dann kommt es zu Umzügen oder in seltenen Fällen zu Kündigungen.»
So weit kommt es beim Trampolin in Etappe 14 nicht: «Bei den Trampolin-Fällen hilft oft ein Stundenplan, der regelt, wann Ruhezeiten sind», erklärt er. «Damit und mit etwas Toleranz und Rücksichtnahme von allen Seiten ist das Problem in der Regel gelöst – wie bei den meisten Konflikten», sagt Kägi und macht sich auf zur Waschküchensitzung.
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