Mit der heute pensionierten FGZ-Mitarbeiterin Pia Scherer hat alles angefangen. Sie machte sich Anfang der 90er-Jahre stark für die 1. Kompostanlagen in der FGZ: «Pia gab die Initialzündung. Sie fand Gleichgesinnte, überzeugte die Verwaltung und die Mitglieder. Einige hatten Vorbehalte, von wegen Kompost stinke und sei eklig», erzählt Kompostberater Edu. Heute hat sich das Konzept längst durchgesetzt. In der FGZ gibt es ganze 13 Kompostanlagen.
Edu ist der soziale Aspekt der Kompostberatung wichtig. «Hier wird ein Miteinander gefördert, sodass Soziales in Gang kommt. Du lernst in der Gruppe rasch 10, 15 Nachbarn kennen.» Das ist es, was ihn antreibt. Die Verwaltung honoriert das Engagement der 140 Freiwilligen, gleichermassen Frauen wie Männer, mit einem feinen Nachtessen und Gruppenausflügen. Aber nicht nur in der Gruppe kommt man zusammen: Im Frühling und gelegentlich auch im Herbst wird der Dünger verteilt. Alle Nutzerinnen und Nutzer der Anlagen werden zur «Kompost-Teilete» eingeladen.
Edu kann nicht klagen: Die Kompostanlagen werden über alle Siedlungen hinweg gut genutzt, der gereifte Dünger findet stets seine Abnehmerinnen und Abnehmer. Nur fehlt es an Nachwuchs. «Die Motivation, selbst grüne Projekte durchzuziehen, ist heute kleiner geworden. Es läuft doch, denken sich viele», erzählt Edu. Aber die Kompostgruppen brauchen Verstärkung, zum Beispiel in der Arbentalstrasse. Über die Aufgaben in der Anlage sagt Edu: «Am besten man schaut jeden Tag vorbei. Die Abfallmenge variiert eben von Tag zu Tag.» Als Struktur im feuchten Material braucht es Holzhäcksel für die Durchlüftung. Im Winter mehr, weil die Mikroorganismen langsamer arbeiten. Ungefähr einmal im Monat wird die schwarze Box mit dem Frischkompost geleert. Edu meint: «Das ist nicht so beliebt, aber wir haben extra leichte Schaufeln, mit denen geht das gut. Zudem können helfende Hände aus der Gruppe organisiert werden.»
Bis aus den Küchenabfällen Kompost geworden ist, vergehen einige Monate. «Die Küchenabfälle in der grünen Box werden mit Organismen aus dem Frischkompost geimpft, ich sage dem gestartet.» Ist die grüne Box voll, bekommt sie eine rote Dachplane. Nach rund 6 Monaten Ruhe ist der Kompost gereift. Mikroorganismen und andere Kleintiere haben einen grossen Teil ihrer Arbeit getan. Das Material erhält dann ein schwarzes Dach und hilft der neuen grünen Box beim Rottevorgang. Der Rest kommt als Frischkompost in den Holzrahmen mit der sogenannten Ausreifmiete. Hier ruht er bis zum Sieben. Bei der «Kompost-Teilete» liegt das reife, ausgesiebte Material dann in grauen Kisten bereit. Hier können sich alle bedienen und den Kompost als Dünger für ihre Balkonkistchen und Gartenbeete benutzen.
«Eine Handvoll Kompost beherbergt über 8 Milliarden Mikroorganismen, so viele wie Menschen auf der Erde», erklärt Edu. Es braucht Bakterien, Geisseltierchen, Pilze und vieles mehr. Ohne Kleinstlebewesen würde der Nährstoffkreislauf nicht funktionieren. In den verrottenden Küchenresten siedeln sich zudem Kompostwürmer und Bodenlebewesen wie Asseln und Schnecken an. «So viele Lebewesen in Zusammenarbeit auf kleinstem Raum: Ich finde das faszinierend», meint Edu und verneigt sich innerlich vor dem Wunder Natur.
Auf den Kompost darf fast alles, was als Nahrung freigegeben ist. Rohes organisches Material wie Früchte- und Gemüseabfälle sind am besten. Eierschalen sollte man zuerst zerbröseln. Auch zerschnittene Zitrus- und Orangenschalen sind kein Problem. Schnittblumen und Topfpflanzen sollte man klein schneiden. Bloss Kochabfälle, Fleisch oder Brot gehören nicht auf den Kompost. «Das zieht Ratten an», erklärt der Kompostberater. Den reifen Kompost kann man zum Düngen der eigenen Beete verwenden. Aber man sollte ihn im Verhältnis 50 zu 50 mit Erde mischen. Edu erklärt: «Unser Reifekompost hat eine gute Qualität. Aber er ist noch jung und eher scharf.»
Während des Besuchs der Kompostanlage spricht Edu auch von sich. Er war früher Kindergärtner, 32 Jahre lang. Die längste Zeit im Kreis 4, Ecke Langstrasse. «Ich glaube, ch habe das gut gemacht, aber das ist nichts Besonderes.» Er möchte keine gesonderte Anerkennung als Mann in der Kleinkinderbetreuung. Erziehungsarbeit ist für ihn Beziehungsarbeit: «Erziehung bedeutet Geduld haben und Liebe versprühen, einfach da sein. Und wenn die Kinder den Kontakt suchen, bereit sein. Das schafft Vertrauen, und der Rest kommt wie von selbst!»
Der Vater von 2 erwachsenen Kindern ist «umfassend interessiert», wie er es nennt. «Im Kindergarten habe ich mal DAZ, Deutsch als Zweitsprache, unterrichtet», erzählt er. «Aber man fokussiert nur auf die Sprache. Das war mir zu wenig. Das Leben bietet so dermassen viel. Heute werke ich, male, lese, schreibe, mag Wortspiele, musiziere, singe …» Gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth nimmt er an Feiern der Stimmvolkgruppe Zürich teil. «Wir singen einfache Lieder aus verschiedensten Kulturen rund um den Jahreslauf.» Naturvölker wie die Kelten und ihre Bräuche begeistern den Stadtzürcher. Beim Erzählen vom Feuer zur Wintersonnenwende leuchten seine Augen: «Manche sagen: Das ist für mich Weihnachten! Ein grosses Feuer mitten im Wohnquartier, in das alle hineinschauen, diese Naturkraft, die einen in ihren Bann zieht.»
Wenn es um das eigene Leben geht, sieht Edu wie in der Kompostierung, überhaupt überall in der Natur, einen Kreislauf: «Die Anschauung, dass du in diesem Körper bist und mit dem Tod einfach fort, das geht für mich nicht zusammen.» Edu fährt sich durchs krause Haar, wird nachdenklich: «Wer auch die Möglichkeit der Wiedergeburt sieht, gibt besser acht, was er macht. Die Erde hat eine Schicht von rund 30 Zentimetern. Von der leben wir – alle zusammen. Tiere, Pflanzen, wir.»
Ein Merkblatt zur richtigen Verwendung vom Kompostdünger finden Sie hier.